Frischer Wind im Jahre 1920.

Nach Auffassung aller aus dem Felde zurückgekehrten Kameraden sollte es nicht geschehen, dass die alte ehrwürdige Schützengilde, der zum Teil unsere Väter und Großväter angehörten, etwa doch noch Schiffbruch erleiden sollte. Und so kam es, dass vom Jahre 1920 an eine besondere Werbetätigkeit innerhalb der Joppenschützenkompanie einsetzte. Dies hatte zur Folge, dass auch die drei anderen Kompanien aus ihrem Winterschlafe aufgerüttelt wurden und sich ebenfalls scharf ins Zeug legten. Die Jägerkompanie hatte die meisten Erfolge zu verzeichnen durch die geschickte Werbetätigkeit ihres rührigen Jägerrates Kamerad Paul Busse. Am 12. März 1920 haben sich als aktive Mitglieder zur Gilde gemeldet: Herr Ziegelmeister Reinhold Breitenstein; Herr Kaufmann Otto Friese, Herr Steinsetzmeister Karl Pohle. Auf der Sitzung vom19. März wird über die Abgabe der Gewehre entschieden. Die Mitglieder welche im Besitzt von Gewehren sind sollen Mitglied in der Einwohnerwehr werden. Anderenfalls sollen die Gewehre abgegeben werden, wenn die bestehende Kommision berechtigt ist die Gewehre einzufordern. Ein Beschluss konnte nicht gefasst werden, da jeder Eigentümer seines in seinem Besitz befindlichen Gewehres ist. Die Versammlung beschließt die Beiträge ab der nächsten Fälligkeit auf das Doppelte zu erhöhen.

Majestät Zeißig erklärt, dass er jetzt bereit ist eine kleine Königsfestlichkeit zu veranstalten, wenn die der Gilde angehörenden Landwirte und sonstigen Mitglieder ihre Hilfe nicht versagen.

Auszug aus dem Heimatkalender von 1925:

“Der Schützenauszug zum Königsschießen. Ein echt militärisches Bild entrollt sich vor unseren Augen, wenn der stärkste und älteste Verein unserer Stadt am Freitag nach Pfingsten im vollen Wichs nach dem Festplatz zieht. Alt und jung eilt ans Fenster, um den stattlichen Zug zu bewundern. Vier Kompanien folgen mit vier Fahnen dem langjährigen Kommandeur der Gilde Herrn G. Fr. Hentschel zum Festplatze. Hier entwickelt sich bald ein reges Leben. Ein Kamerad nach dem anderen tritt an den Schießstand heran, um den besten Schuss abzugeben.”

“Am 6. Juni 1925 hat der Schütze Albin Kretzschmar, genannt “Albin der Emsige” den Königsschuss mit einer 20 erzielt. Herr Kretzschmar ist im Schützenhaussaal zum König proklamiert und von der löblichen Schützengilde am 7. Juni mit allen Ehren und einer Parade, sowie in größter Ordnung nach seiner Wohnung gebracht worden.”

Im Vorfeld des Heimatfestes gab es eine Anfrage des Heimatfestausschusses an die Gilde wegen der Ausstellung des Silberschatzes  der Gilde. Die Gilde stellte die Bedingung, dass der Schatz nur ausgeliehen würde, wenn ein sicherer Raum gestellt werde. (Der Silberschatz der Gilde besteht aus den Königsorden) Zum Auszug des Heimatfestes werden von der Gilde offiziell gestellt. 4 Armbrustschützen von der Schützenkompanie und 9 Grenadiere in den alten Uniformen von der Grenadierkompanie. Die Herren Hauptleute der einzelnen Kompanien wurden gebeten möglichst dafür zu sorgen, dass ihre Kompanien zum Heimatfest mit starken Beteiligungen vertreten sind. Laut Heimatkalender wurde das Fest ein großer Erfolg.

Im Protokollbuch wird am 23. April 1926 berichtet, dass die Schießtage neu festgesetzt werden. In diesem Jahr wird das Vorteilsschießen am 2., 9. und 16.Mai abgehalten. Herr Lindhorst warf die Frage auf, ob nicht künftig mit Scheibenbüchsen auf die Scheiben geschossen werden könnte. Die Entscheidung darüber wird den einzelnen Kompanien überlassen. Das diesjährige Schützenfest wird am Donnerstag, den 27. Mai durch den Zapfenstreich eingeleitet. Den Dienst hat die Schützenkompanie. Das Fest beginnt am Freitag den 28. Mai und wird in althergebrachter Weise gefeiert. Weiteres wird durch den Baitaillonsbefehl bekanntgegeben. Die Exerzierabende werden in diesem Jahr am Mittwoch, den 12. Mai, am Samstag, den 15. Mai und am Mittwoch, den 19. Mai abends 8 Uhr abgehalten. In diesem Jahr wird zum Königsschießen vom Schießstand ein Feldtelefon gelegt. Woraus zu schließen ist, dass das Ergebnis der Schützen sofort auf die Königsscheibe übertragen werden kann.

“Am Samstag, den 29. Mai 1926 wurde der neue Schützenkönig, Herr Tierarzt Dr. Meßler, um 6 Uhr abends im Schützenhaussaal zum neuen König proklamiert. Er wurde in althergebrachter Weise nach seiner Wohnung gebracht. Im Anschluß hieran gab Herr Dr. Meßler den Offizieren des Baitaillons ein Abendbrot.”

Auf Anregung des Jägerhauptmanns, Herr August Diecke, faßte das gesamte Offizierschor des Baitaillons den einstimmigen Beschluß, den Chef der Gilde, Herrn Oberstleutnant Gottfried Fridrich Hetschel zum Oberst der Schützengilde zu befördern. Die Beförderung zu diesem Titel und Rang wurde dem diesjährigen Schützenkönig Dr. Meßler übertragen.
Ernennung zum Oberst  Nach der Paradeaufstellung und der Abnahme derselben durch den Magistrat, am Sonntag den 30. Mai d.J., versammelten sich die Mitglieder der Schützengilde zum Frühschoppen mit Konzert im Rathaussaal. In kurzen Worten begrüßte Herr Oberstleutnant Hentschel als Chef der Gilde die Teilnehmer. Darauf ergriff Bürgermeister Kniche das Wort und brachte ein Hoch auf das Vaterland aus, welches mit dem Deutschlandlied endigte. Im Anschluß daran wurde der Entschluß des gesamten Offizierschors der Gilde, von seiner Majestät Herrn Tierarzt Dr. Meßler ausgeführt. Nach einer kurzen Ansprache beförderte Majestät Herr Dr. Meßler den Chef der Gilde Herrn Oberstleutnant Gottfried Friedrich Hentschel mit dem heutigen Tage zum Oberst und überreichte ihm die Abzeichen eines Oberst. Herr Oberst Hentschel dankte den Offizierschor für die Beförderung und versprach, auch weiterhin die Gilde mit aller Kraft und Energie zu führen, damit auch fernerhin die Schützengilde dem alten Ruf und das Ansehen in der hiesigen Bürgerschaft erfüllt.